Prof. Dr. Andrey Turchanin, hier am »Ultra High Vacuum Multiprobe System« in einem Labor im Center for Energy and Environmental Chemistry (CEEC Jena II), ist Sprecher des ausgezeichneten Teams.

Herausragende Innovationsarbeit auf dem Gebiet der 2D-Materialien

Team der Universität Jena erhält Thüringer Forschungspreis 2024 in der Kategorie „Angewandte Forschung“
Prof. Dr. Andrey Turchanin, hier am »Ultra High Vacuum Multiprobe System« in einem Labor im Center for Energy and Environmental Chemistry (CEEC Jena II), ist Sprecher des ausgezeichneten Teams.
Foto: Nicole Nerger/Universität Jena

Meldung vom: | Verfasser/in: Sebastian Hollstein

Das ausgezeichnete Team: Prof. Dr. Andrey Turchanin (v. l.), Dr. Falk Eilenberger, Dr. Antony George und Laborleiter Dr. Christof Neumann.

Foto: Nicole Nerger/Universität Jena

Zweidimensionale Materialien gehören derzeit zu den vielversprechendsten Materialien überhaupt. Dank ihrer geringen Dicke von einer oder wenigen atomaren Lagen, die zu vielfältigen chemischen und physikalischen Eigenschaften führt, besitzen sie für ganz unterschiedliche Bereiche ein enormes Anwendungspotenzial.

So gelten sie etwa als leistungsstarke Alternative im Bereich Computertechnik, wo Silizium-Bauelemente zunehmend an ihre Leistungsgrenzen stoßen. Zu einem Zentrum für die Forschung zu dieser innovativen Materialklasse hat sich in den vergangenen Jahren die Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickelt.

Zu verdanken ist das dem Team um den Chemiker Prof. Dr. Andrey Turchanin. Deshalb erhält der Chemiker gemeinsam mit seinen Kollegen Dr. Antony George, Dr. Falk Eilenberger und Dr. Christof Neumann den diesjährigen Thüringer Forschungspreis in der Kategorie „Angewandte Forschung“. Die Auszeichnung, die am heutigen Dienstag (18.6.) in Ilmenau verliehen wurde, ist mit 25.000 Euro dotiert. 

Wir haben in den letzten Jahren viel erreicht und ich freue mich, dass unsere Arbeit mit dem Preis eine solche Wertschätzung bekommt“, sagt Teamleiter Andrey Turchanin. „Ich hoffe, dass unsere Forschung dadurch noch mehr Aufmerksamkeit erfährt und wir sie in weitere spannende Anwendungsbereiche ausweiten können.“ 

Maßgeschneiderte Materialien

Dabei konzentrierte sich die Arbeit des Jenaer Teams zunächst vor allem auf die Herstellung von 2D-Materialien und die Charakterisierung ihrer Funktionseigenschaften in Bauelementen. So leisteten die Forscher Pionierarbeit auf dem Gebiet der Erzeugung der Stoffe und entwickelten auf der Basis chemischer Gasphasenabscheidung eine Reihe skalierbarer Methoden zur maßgeschneiderten Synthese von anorganischen 2D-Materialien.

Umfangreiche Analysen der synthetischen Materialien ergaben, dass sie hervorragende intrinsische Eigenschaften aufweisen. „Wenn wir die Materialien auf diese Weise wachsen lassen, können wir 2D-Materialien für ganz konkrete Anwendungen herstellen sowie neue Materialien für Grundlagenforschung synthetisieren, die in der Natur überhaupt nicht vorkommen“, sagt Turchanin. 

Zudem gelang es den Jenaer Forschern, die anorganischen 2D-Materialien mit ultradünnen, organischen Materialien zu verbinden. Dabei entstanden neuartige Hybridstrukturen, in denen sich die Vorteile beider Komponenten vereinen. Sie sind beispielsweise interessant für die Halbleiterentwicklung sowie etwa für optischen Anwendungen. So ließ das Team etwa sogenannte Übergangsmetall-Dichalkogenide – 2D-Materialien mit exzellenten optischen und photonischen Eigenschaften, die stark mit Licht wechselwirken – direkt auf bestimmten Glasfasern wachsen. Ein System auf dieser funktionalisierten Basis eignet sich beispielsweise für Anwendungen im Bereich der Sensortechnik oder Quantentechnologie. 

Effiziente Trennung

Die Jenaer Wissenschaftler haben die 2D-Materialien darüber hinaus als effektives Element in umweltfreundliche Technologien integriert. So haben Turchanin und sein Team beispielsweise eine mit Nanoporen versehene ultradünne Membran entwickelt, die den Fluss von Ionen in Lithium-Metall-Batterien steuert. Auf diese Weise lässt sich die Bildung von störenden Dendriten und damit zusammenhängende Kurzschlüsse verhindern, was die Lebensdauer dieser Energiespeicher deutlich erhöht.

Ähnliche Membranen mit bestimmten Trenneigenschaften entwarfen sie beispielsweise für die Trennung von Wasser und Wasserstoff – ein unverzichtbarer Schritt bei der Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle. „Je dünner und selektiver die Schicht bei diesem Prozess, desto energieeffizienter kann er verlaufen“, erklärt Turchanin. 

Jena und Netzwerk

Für solche und weitere von ihnen entwickelte Anwendungen haben die Jenaer Materialexperten inzwischen fünf Patente angemeldet. Darüber hinaus hat Turchanin 2021 das Netzwerk „2D-Mat-Net“ gegründet, das Forschung und Praxis – also Thüringer Institute und Unternehmen – näher zusammenbringt und weitere konkrete Anwendungsmöglichkeiten für die Materialien der Zukunft und entsprechende Kooperationen auslotet. Auch hierfür wünscht er sich weitere Impulse durch den Thüringer Forschungspreis.

Auf diese Weise etwa ließe sich Jenas herausragende Stellung auf diesem Gebiet weiter ausbauen. „In Jena sind sehr viele Kompetenzen und auch das notwendige wissenschaftliche Interesse vorhanden, was uns diese sehr interdisziplinäre Forschung ermöglicht. Als Experten sind wir inzwischen Ansprechpartner für sehr viele Kolleginnen und Kollegen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen, die sich intensiver mit der Materialklasse beschäftigen wollen – und das bereichert auch unsere Arbeit enorm“, sagt der Materialwissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität, der sich derzeit beispielsweise dem Einsatz von 2D-Materialien in Biosensoren widmet.

Außerdem halten die Universität Jena und weitere ansässige Institute – etwa das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, an dem Falk Eilenberger die Abteilung für Mikro- und nanostrukturierte Optik leitet – eine sehr gute Infrastruktur für unsere Arbeit bereit, die uns während aufwendiger Experimente modernste spektroskopische oder mikroskopische Analysemethoden zur Verfügung stellt und die Realisierung elektronischer, optoelektronischer und photonischer Bauteile ermöglicht, welche wir zukünftig erforschen möchten.“ 

Kontakt:

Andrey Turchanin, Univ.-Prof. Dr.
vCard
Professur Angewandte Physikalische Chemie und Molekulare Nanotechnologie
Raum 136
Lessingstraße 10
07743 Jena Google Maps – LageplanExterner Link